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  • Neue Inhalte, neue Verantwortung: KI-Suchmaschinen im medienrechtlichen Fokus
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  • Neue Inhalte, neue Verantwortung: KI-Suchmaschinen im medienrechtlichen Fokus

    Eine medienrechtlich zentrale Erkenntnis aus der Studie: AI Overviews, Bing Copilot Search, Perplexity und ChatGPT vermitteln nicht mehr nur zwischen Nutzenden und den digital verfügbaren Inhalten Dritter – sie stellen selbst eigene, neue Inhalte zur Verfügung. Anders als Snippets oder Knowledge Graphs, die einen wortwörtlichen Ausschnitt aus einem Suchergebnis anbieten, verweisen die untersuchten KI-Antworten nicht oder nur reduziert auf organische Suchergebnisse. Stattdessen schaffen sie genuin neue Texte.

    Das wirft die Frage nach der rechtlichen Einordnung KI-generierter Antworten auf. Eine Klassifizierung als journalistisch-redaktionelles Angebote mag angesichts einer maschinellen Texterstellung ungewöhnlich klingen. Dennoch gilt, dass der Anbieter einer Suchmaschine mit integrierter KI-Anwendung am Ende verantwortlich ist für die so publizierten Inhalte. Wer sonst sollte für „Halluzinationen“ oder für Falschinformationen dieser Dienste haften?

    Das Haftungsprivileg muss fallen

    In der Konsequenz kann das nur bedeuten: Das Haftungsprivileg greift hier nicht. Google, Microsoft & Co. tragen – wie alle anderen Inhalteanbieter auch – die Verantwortung dafür, dass ihre eigenen KI-Antworten den medienrechtlichen Vorgaben entsprechen.

    • Soweit die Ergebnisse als journalistisch-redaktioneller Beitrag wahrgenommen werden können, sind entsprechende Qualitätsstandards einzuhalten inklusive einer menschlichen Überprüfung/Einbindung („human in the loop“).
    • Die Vorgaben zu unzulässigen und entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten (§§4 und 5 JMStV) sind von den Anbietern der KI-Modelle selbst und unmittelbar einzuhalten und nicht erst ab Kenntnis möglicher Verstöße.

    Es droht eine Monopolisierung der Meinungsmacht

    AI Overviews, Bing Copilot Search, Perplexity und ChatGPT positionieren ihre eigenen Inhalte zudem durchaus prominent. Sie heben sie grafisch hervor und reduzieren dadurch die Sichtbarkeit organischer Suchergebnisse. Die neuen, maßgeschneiderten Inhalte beantworten Suchanfragen zudem so umfassend, dass (wohl) weniger Traffic weitergeleitet wird. Über die Auswahl der die Suchergebnisse ergänzenden weiterführenden Links ist dabei ebenso wenig bekannt wie darüber, auf welche Inhalte die KI für ihr Training zurückgreift und welche Rolle Online-Publisher, Medienschaffende und Inhalteproduzent:innen dabei spielen.

    Diese Kombination birgt das Potenzial, zu einer Monopolisierung der Meinungsmacht in den Händen weniger, globaler Digitalkonzerne zu führen. Statt vielfältiger, unterschiedlicher und klar zuzuordnender Quellen entscheidet nur noch das hinter der KI stehende Unternehmen über die passende Antwort. Inhalte, die sich nicht über Traffic refinanzieren müssen (von Parteien, Lobbyorganisationen, Verbänden und andere) und daher für das KI-Training meist ohne Einschränkungen zur Verfügung stehen gewinnen an Bedeutung. Entsprechend führen verminderte Sichtbarkeit und Traffic-Verluste zu einer Verringerung der (wahrnehmbaren) Informations- und Meinungsvielfalt, zu Verzerrungen der gesellschaftlichen Diskurse und am Ende zu einem Anwachsen der Meinungsmacht auf Seiten der Anbieter von „KI-Suchmaschinen“.

    Dem muss durch ein wirksames Verbot der Bevorzugung eigener Inhalte, umfassende Transparenz über die Funktionsweise sowie den Schutz urheberrechtlicher Leistungen begegnet werden.

    Ob die bestehenden medienrechtlichen Vorgaben genügen, um die skizzierten Herausforderungen umfassend zu adressieren wird in den kommenden Monaten mit einem rechtlichen Folgegutachten untersucht werden. Parallel wird, notfalls über aufsichtliche Verfahren, sichergestellt, dass die bereits existierenden medienrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.

    Autorin dieses Beitrages ist Eva-Maria Sommer, Direktorin der Medienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein (MA HSH) und Themenverantwortliche der DLM für Medienintermediäre.

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